Tanzen, wie vor Corona.

Schnell noch einen Platz für die Klamotten finden und dann endlich rein ins Getümmel. Wir genießen die Musik. Sie geht durch alles, dringt in unsere Körper, schwingt mit unseren Herzen, erhöht den Puls und pumpt noch mehr Blut in die Adern.

Der Bass beginnt in meinen Ohren, durchquert den Kopf und das Gehirn und setzt dann meinen Körper in Bewegung. Wir singen mit, hüpfen und wackeln im Takt. Lassen den Po kreisen, wiegen unsere Hüften hin und her und schmeißen die Arme in die Luft. Wir umarmen uns immer wieder. Manchmal tanzen wir vor Glück zusammen.

Wir drücken und umarmen uns fest, kichern ins Ohr und schwanken im Takt. Wir sind beseelt voneinander, genießen den Moment und nichts kann uns aus der Bahn werfen. Wir sind Teil eines Ganzen und doch nur zwei geliebte Freundinnen, die zusammen tanzen. Wir sind ganz viele und doch nur zu zweit. Wir kennen alle und doch keinen.

Manchmal ziehen wir Blicke auf uns, aber heute interessiert uns das nicht. Zwischen all den Menschen, die zur gleichen Musik tanzen, sind wir doch allein. Die Tanzfläche gehört nur uns. Mit geschlossen Augen geben wir uns der Musik hin. Meine Freundin Tilli verschwindet in der Masse. Hat sie jemanden entdeckt, den sie kennt?

Die Musik nimmt mich mit und ich kann nicht aufhören. Ich tanze, als würde ich nie etwas anderes machen, bewege mich im Rhythmus oder auch nicht, spüre Bässe und Klänge, mein Herz hüpft und ich fange an zu schwitzen. Ich wiege sich im Schritt der anderen, habe Blickkontakt mit allen und liebe den DJ für seinen guten Geschmack. Ich kämpfe mich weiter vor ins Gedränge, überall um mich herum sind zappelnde Körper, alle schwitzen, es stinkt. Normalerweise bin ich sehr empfindlich mit Gerüchen, beim Tanzen ist es mir egal. Es darf stinken, hier sind alle Mensch, alle in der Musik. Ich pupse und lache in mich hinein, aber der Geruch geht im allgemeinen Dampf der Tanzfläche unter. Ich schaue zur Decke, dort ist Kondenswasser, dass nicht heruntertropft, noch nicht. Zigarettenqualm und Alkohol machen meine Nase taub und meine Beine hören nicht auf zu hüpfen. Bier, ich will auch Bier.

Da taucht Tilli wieder auf – mit zwei Drinks in der Hand. „Ich dachte, du könntest eine Erfrischung gebrauchen“, sagt sie freudig und reicht mir das volle Glas. Gefüllt mit Eiswürfeln und Minzblättern. Mojito. Sonne. Strand. Meer. Das Klima ist tropisch. Ich freue mich wie verrückt und schlürfe laut. Genieße und schließe kurz die Augen.

Als ich die Augen öffne, steht Tilli in ihrer Küche und ich tanze in meinem Schreibzimmer. Die Kamera läuft, wir hören die gleiche Musik und befinden uns doch an verschiedenen Orten. Es ist, als wären wir in einem Foto, das zu anderen Zeiten am gleichen Ort entstanden ist.

Es scheint, als würden wir beisammen sein und sind es auch, denn zeitgleich schließen wir wieder die Augen und finden uns im Dunkeln des wogenden Clubkellers wieder. Die Macht der Fantasie macht es möglich.

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Das Konfetti ist tot