Die Frau in der Hängematte

Der Wind umspielt ihr Haar, den Hut ins Gesicht gerückt, blickt sie durch ihre Sonnenbrille auf den Rhein. Der Fluss ist mächtig, er reißt alles mit sich, kommt er erst mal in Fahrt. Aber hier auf diesem Inselchen ist er zart und freundlich, erst vorne an der Spitze wird er von seinem großen Bruder mitgerissen.

Leicht schaukelt sie in ihrer Hängematte hin und her und es ist unklar, was ihr durch den Kopf geht. Möglicherweise ist es die Musik der Jungs, die ihre Ohren durchströmt. Hip Hop, Techno, dusselige Beats, alles durcheinander und dazu unnötiges Gequatsche und Gegröle.

Sie zieht die Stirn kraus und sieht aus, als würde sie gleich brechen müssen. Es waren junge Männer mit Brüsten. Dann schwamm ein Einhorn vorbei und begann plötzlich zu lachen. Laut und deutlich wieherte es, kicherte leidenschaftlich und dann rief es den Jungs zu: „Hühüüühüüüüühhhüüü, ihr habt ja Brüste. Ich hab noch niehiiieehiiieee Männer mit Brüsten gesehen.“ Gemütlich trieb das Einhorn den Rhein herunter und sein Kichern war noch lange zu hören.

Die dicken Jungs zogen beleidigt von dannen und beschlossen demnächst ein wenig abzuspecken. Denn wer möchte schon von einem Einhorn ausgelacht werden.

Viele Jahre später baute eine Künstlerin dem lachenden Einhorn und den dicken Jungs ein Denkmal. Genau auf der Spitze der Insel. Die Frau aus der Hängematte fragte sich noch lange, ob sie das Einhorn nur in ihrem Traum traf oder es wirklich gesehen hat.

Als sie nämlich aus ihrem Traum erwachte, waren die Jungs weg und auch die Sonne fast am Horizont verschwunden.

Sie ging nach Hause und zeichnete ein Bild von der Szene. Und es war genau das Denkmal, das heute auf dem Inselchen thront. Noch immer erinnern sich die Menschen an die Künstlerin, wenn sie in ihren Hängematten schaukelnd auf den Rhein und das Einhorn-Denkmal schauen.

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Als meine Oma ihren Weg ging